Freude, Freude
Ihr Lieben
Wir befinden uns in der nachösterlichen Freudenzeit. Zumindest sagt das der liturgische Kalender. Der erste Sonntag nach Ostern hat den lustigen Namen „Quasimodo geniti“. Natürlich hat das nichts mit dem weltberühmten Roman von Victor Hugo und seinem gleichnamigen Romanhelden, dem Glöckner von Notre Dame zu tun. Die Sonntage sind vielmehr allesamt benannt nach den ersten Worten eines Psalms oder Bibelverses, der zu ihnen gehört. Bei unserem Sonntag ist es ein Wort aus dem 1 Petrusbrief (2, 2a):
„Wie neugeborene Kinder, Halleluja, verlangt nach der vernünftigen, unverfälschten Milch, Halleluja.“
Der Verfasser des Briefes rät den frischgetauften Christen (in der Urkirche war die Osternacht der Tauftermin par excellence) sich auf das Wort Gottes und die Gemeinschaft untereinander zu freuen, so wie Babys sich nach der nächsten Milchzufuhr sehnen.
Damit ist die Freude als wesentliches Thema dieses Sonntags gesetzt.
In unserer pandemiemüden Zeit erscheint mit die Frage, was uns eigentlich noch Freude machen kann (wenn schon der Shoppinghype, der Osterurlaub, der Freundschaftsbesuch oder der Wochenendtrip es nicht sein können) tatsächlich auch ziemlich relevant. Schließlich hilft uns diese Bewegung unseres Herzens, Schweres zu ertragen, Schönes noch intensiver zu erleben und perspektivisch einfach glücklich zu sein. Freude ist eine besonders effiziente Therapie, oder wie es Johann Franck kurz nach den verheerenden Zeiten des 30 jährigen Krieges in seinem Song „Jesu meine Freude“ auf den Punkt brachte:
„Weicht ihr Trauergeister, denn mein Freudenmeister, Jesus tritt herein. Denen, die Gott lieben, muss auch ihr Betrüben, lauter Freude sein.“
Auch wenn man nicht wie Franck aus einem solch tiefen Brunnen jesuanischer Frömmigkeit schöpfen kann, bleibt die Frage relevant: Was erfüllt mich mit Freude?
Die Antwort wird natürlich sehr individuell ausfallen. Drei Beispiele aus meinem Umfeld mögen euch zum Nachsinnen über die Freude in eurem Lebenskontext anregen:
1. Am Ostermorgen haben wir mit knapp 60 Menschen eine Open Air Osternacht mit loderndem Osterfeuer gefeiert. Moni hatte das Feuerholz, das ich schon seit Tagen aufgeschichtet hatte, schon um 4.30 angezündet, damit es um 6.00 bereits eine ordentliche Glut gab. Bei den Minus 1 Grad im Fichtelgebirge am Ostermorgen war das auch durchaus ein guter Plan. Von weit her war das Feuer sichtbar in der Schwärze der Nacht und war ein nonverbales Statement: Die Kälte, die Dunkelheit und der Tod werden nicht das letzte Wort haben! Ich denke an den Jubel des heiligen Franziskus: Gelobt seist du, mein Herr, für Bruder Feuer, durch den du die Nacht erhellst. Und schön ist er und fröhlich und kraftvoll und stark.
Es war herz- und alles erwärmend zu sehen, wie die Menschen nach der Feier der Osternacht sich um die Wärme des Feuers versammelten (mit gebührendem Abstand), miteinander ins Gespräch kamen und eine Gemeinschaft spürbar wurde, die wir in der Coronazeit alle so dringend brauchen. Und auch jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe, spüre ich hinter mir die wohltuende Wärme des Kaminfeuers und freue mich über diese schöne, sinnliche Wahrnehmung!
2. Unsere Casa Cara Mitbewohnerin Jeanette hat seit 2 Wochen einen kleinen Hund. Amando macht seinem Namen ganze Ehre: Man muss ihn einfach lieb haben. So ein süßes Gesicht, ein freundliches Wesen und solch eine unvoreingenommene Begeisterung, wie er sich über Besucher und Neuankömmlinge freut! Tiere, die zu Lebensbegleitern werden, können ein ständiger Brunnen von Freude und Ausgleich werden, weil sie so unverfälscht und direkt auf uns reagieren. Und weil sie niemals eine versteckte Agenda haben, sondern ganz sich selbst und ihre primären Bedürfnisse leben. Davon können wir Menschen durchaus lernen. Auch wenn wir keine eigenen Haustiere haben.
3. Gute Gedanken kann man auch unter Lockdown Bedingungen goutieren. Freunde von mir sind ausgemachte Rilke Fans und auch Experten – sie verabreden sich online zu Lesestunden und bereiten sich darauf vor, indem jeder schon mal für sich eine Auswahl von Rainer Marias Gedichten liest. Das Gleiche kann man auch als Cineast tun mit Filmen, als Hauskreis Christ mit Bibeltexten oder als Musikfan mit songs – Sprache und ihr Klang können uns so tief berühren, dass sie uns direkt ins Herz spricht.
Letztlich ist auch dieser Blog mit „Guten Gedanken“ unser Versuch, in den eingeschränkte Begegnungszeiten Quellen der Freude und der Hoffnung miteinander zu teilen.
So ist es für mich auch immer eine große Freude, eure Kommentare zu lesen. Vielleicht wäre es nun mal ein guter Anlass zu schreiben, wie es euch denn generell mit diesem Format geht. Annemarie und ich wollten eigentlich den Blog nur bis Ostern schreiben – damals dachten wir, danach fahren wir wieder in gewohnteren Gewässern. Eure Rückmeldung kann uns helfen, unser Schreiben nicht ins Off hinein, sondern in eine konkrete Haltung hinein zu gestalten.
Ich grüße euch mit fröhlichem Herzen