New Beginnings – auf zu neuen Ufern
von Andy Lang
Übermorgen finden gleich zwei Feste statt, die für unsere Ahnen zentrale Bedeutung hatten und uns ein wenig abhanden gekommen sind:
Am 2. Februar wird das altchristliche Fest LICHTMESS gefeiert und am 1. Februar ist der in Irland heute noch groß begangene Namenstag der Patronin der grünen Insel, der heiligen Brigid von Kildare.
Beide Feste markieren im Jahreskreis einen wichtigen Übergang:
An Lichtmess begann das sogenannte Bauernjahr und es endete des Knechtsjahr. Es war also so etwas wie ein Neujahrsfest im bäuerlichen Leben. Die Knechte und Mägde konnten sich entweder auszahlen lassen und sich eine neue Stelle suchen oder per Handschlag den Dienst bei ihrem Herrn um ein weiteres Jahr verlängern. Bis zum 5. Februar hatten sie dann ihren Jahresurlaub, der es ihnen auch ermöglichte, umzuziehen, falls sie den Hof wechselten.
Das Fest hat neben seinen volkstümlichen Aspekten seinen biblischen Bezug in der Geschichte von der Darstellung Jesu im Tempel, die den jüdischen Reinigungsgeboten entsprechend 40 Tage nach seiner Geburt (25.12.) stattfand (Lukas 2, 22ff). In katholischen Gegenden gibt es heute noch eine Lichterprozession zur Kirche und offiziell endet die Weihnachtszeit. Viele – auch evangelische – Kirchen lassen ihre Krippen und Weihnachtsbäume bis zum 2. Februar stehen. In den letzten 5 Jahren feierten wir im Casa Cara Garten ein stimmungsvolles Lichterfest mit Feuerperformance, feurigen Getränken und lichtvollen Gedanken.
Heuer bleiben die lichtvollen Gedanken, die ich mit euch teilen mag.
Der Aspekt des Neuanfangs schwingt auch stark am St. Brigids Day mit: Es ist in Irland der Beginn des Frühlings. Wo bei uns noch tiefster Winter herrscht, ist dort dank Golfstrom tatsächlich so etwas wie der berühmte irische Frühling zu spüren. Die Schafe bekommen kleine Lämmer, die Bauern bestellen wieder ihre Felder, unser irischer Busfahrer holte uns Pilger einmal 10 Minuten zu spät vom Treffpunkt ab, weil er noch seinen Rasen zuhause fertig mähen wollte! Der Temperaturunterschied zwischen Abflug in München und Ankunft in Cork hatte 25 Grad Celsius betragen! Unvorstellbar, aber wahr!
In Irland ist man sich auch heute noch bewusst, dass manche Zeiten – so wie auch manche Orte – eine bestimmte Qualität oder auch eine besondere Kraft haben. Die Zeit um den Brigids Day herum eignet sich hervorragend für Neuanfänge: So wie das ursprüngliche und bäuerliche Leben sich auf einen neuen Kreislauf von Aussaat, Wachsen, Reifen und Ernte besann, so kann man auch heute noch diese Zeit als besonders hilfreich darin erleben, etwas Altes abzuschließen, um etwas Neues zu beginnen.
Beides gehört unmittelbar zusammen! Viel bequemer wäre es freilich, sich einfach nur die Freude des Neubeginns zu gönnen ohne den schmerzhaften Prozess des Loslassens erleiden zu müssen. Aber das geht nicht. Wir müssen Raum schaffen für Neues, weil wir weder in unseren Lebensvollzügen noch in unseren Arbeitskontexten immer nur etwas obendrauf legen können.
Wir sträuben uns gegen Veränderung, weil wir es uns so bequem eingerichtet haben in unserem Leben und weil der Wandel auch immer Unsicherheiten mit sich bringt. Es wäre doch so schön, einfach auf dem Sofa hängen zu bleiben, die Wärme zu genießen und den Herrgott einen lieben Mann sein lassen. Bilbo Beutlin sitzt vor seiner Hobbithöhle und schmaucht genüsslich seine Pfeife, trinkt seinen Tee und wünscht sich, dass alles immer so unaufgeregt weiter geht!
Und doch wissen wir, dass alles seine Zeit hat. Nichts ist so beständig wie der Wandel – auch eine keltische Überzeugung.
Wovon darf ich mich also in diesen Tagen verabschieden? Eine Überzeugung, ein Verhaltensmuster, eine Beziehung, eine ungünstige Gewohnheit, eine Trauer? Vielleicht kann ich auch freudig etwas abschließen, weil es einfach zum Ende gekommen ist und nun Raum werden darf für etwas Neues!
Hermann Hesse hat es unvergänglich auf den Punkt gebracht:
„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“
Vertrauen wir diesem Zauber, ja mehr noch: geben wir uns ihm hin.
Wenn wir spüren dürfen, dass wir gehalten und getragen sind, können wir heiter neue Räume beschreiten.
Uns wird dabei ein Leuchten umgeben, das nur denen zuteil wird, die losgelassen haben, weil sie wussten, dass das Leben seinem eigenen Rhythmus folgt.
Meine Augen haben deinen Heiland gesehen, ein Licht zu erleuchte die Heiden.
Lukas 2, 30-31a