Karfreitag – Andacht von Andy

Liebe Freunde

Wir können heute auf besondere Art verbunden sein! Wenn ihr dazu Lust habt, schreib ich euch, wie das gehen kann.

Ich habe heute zur Sterbestunde Jesu um 15.00 in meiner Waldkapelle eine kurze Andacht gefeiert. Diese könnt Ihr hier online auf Youtube mitfeiern:

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Am Ende zeigt euch meine Kollegin Annemarie Ritter ein Ritual für die Schwellenzeit:

Ich überschreite eine Schwelle (das kann alles sein vom Ast bis zum Stein, irgendeine Wegmarkierung)  und begebe mich mit gesammelter Achtsamkeit für eine Stunde in die Natur. Dort werde ich versuchen, ganz Ohr und Auge zu sein für alles, was mir segensreich begegnen will:  Bäume, Pflanzen, Tiere – vielleicht haben diese Wesen eine Botschaft für mich, wenn ich achtsam mit mir und einer Frage oder einem Thema draussen bin. Wenn ich zurückkehre, überschreite ich wieder die Schwelle, verweile noch kurz in der Stille und schreibe mein Erlebnis in kurzen Zeilen auf.

Am Ostersonntag gibt es dann mit einem weiteren Link eine Osterbotschaft von mir.

So mag ich euch in diesen besonderen Tagen verbunden sein und wenn wir uns schon nicht bei einem Konzert oder in der Konzertscheune sehen und aneinander freuen können, dann eben in Gedanken und gegenseitiger Verbundenheit.

Ein super herzliches Danke möchte ich allen sagen, die meine Vision über ein Leben in Gemeinschaft nach Corona geteilt haben und die so wundervolle Kommentare geschrieben haben! Das ist echt viel mehr als ein like! Es lohnt sich dort zu stöbern, denn 40 von euch haben in wunderschöner Sprache wesentliche Gedanken mit uns geteilt. Und: Wenn ihr dazu auch Lust habt, schreibt doch auch was in die Kommentarfunktion. Es ist mir ein liebes Ritual geworden, mich nach dem Frühstück über neue Nachrichten zu freuen!

https://andy-lang.de/gute-gedanken/unser-leben-nach-corona-eine-ermutigung-fuer-eine-zukunft-in-gemeinschaft-von-andy-lang/

In herzlicher Verbundenheit

Euer Andy Lang

Text der Andacht:

Wir blicken auf das Kreuz und sehen Jesus mit weit ausgebreiteten Armen.

Wir wollen das Kreuz verstehen als Übergang und Schwelle, als Pforte und Einladung, nun in den Raum der Liebe einzutreten.

Wie aber können wir ein grausames Folterwerkzeug und einen geschundenen Menschen als Einladung zur Liebe sehen? Verharmlosen wir damit nicht die Folterqualen, die Jesus dort am  Kreuz erleiden musste, er so wie Tausende anderer namenloser Sklaven und Unterdrückten eines absoluten und gnadenlosen Systems? Ist es nicht bestenfalls naiv oder schlimmer noch, zynisch, das Symbol totaler Brechung und Zerstörung als Metapher für die Liebe zu sehen?

Wir wollen nichts verharmlosen. Der Gekreuzigte starb einen der schlimmsten Tode, die ein Mensch erleiden kann. Zusätzlich zu den fürchterlichen körperlichen Qualen muss das Bewusstsein des Scheiterns und das Gefühl der absoluten Einsamkeit vernichtend sein. „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen“ schreit im Markusevangelium der, der sich zeitlebens besonders nahe an Gott wusste, so nahe, dass er ihn liebe voll seinen „Abba“ nannte und aus dieser tiefen Verbundenheit andere Menschen anrühren, heilen und mit Gottes Liebe in Kontakt bringen konnte.

Was also kann das Kreuz mit Liebe zu tun haben?

Im Blick auf das Kreuz können wir erkennen, dass es keine Liebe gibt ohne Schmerz.

Liebe, die den Namen verdient, sucht das Geliebte gegenüber in seiner Freiheit. Und diese Freiheit schließt auch die Möglichkeit ein, dass der oder die Geliebte sich abwendet oder ganz anders auf die Liebe reagiert, als wir uns das wünschen. Eltern mit Kindern in der Pubertät können davon ein Lied singen. Diese Wesen, die vor kurzem noch ganz verkuschelt waren und nicht genug von einem bekommen konnten, gehen nun ihre eigenen Wege und sie tun es auf höchste eigene, ja eigenartige Weise.

Ein wahrhaft Liebender jedoch hält nichts fest. Aber das ist unendlich schwer, denn wir brauchen dazu das Vertrauen, dass die Verbindung steht, auch wenn es sich ganz anders anfühlt.

In der Konsequenz kann keiner von uns absolut lieben. Wir alle haben unsere geheimen Erwartungen, unsere unausgesprochenen Wünsche an unsere Lieben, unser Aufrechnen von Geben und Nehmen, unsere Bedürftigkeit und eigene Sehnsucht, geliebt zu werden, unseren Wunsch, festzuhalten und Kontrolle zu haben.

Wenn wir uns das eingestehen: dass wir zur wirklich bedingungslosen Liebe nicht fähig sind, ist es ein erster Schritt, in eine tiefere Liebe hineinzuwachsen. Unsere Begrenzungen und Beschränkungen, unser Besitzdenken, unsere ungeahnten Verletzungen dürfen wir Gott hinhalten und ihn bitten, uns zu verwandeln. Und wir können diesen Weg gehen, indem wir auf Jesus blicken:

Jesus hat mit seiner Liebe immer wieder Menschen berührt und hat sie umarmt. Er schenkte Ihnen seine Nähe und fragte nicht, ob sie seiner würdig sind. Er war einfach da, so wie die Menschen mit ihrer Not da waren. Von ihm ging eine Liebe und Wärme aus, die sich aus seiner tiefen Verbundenheit mit Gott speiste; eine Liebe, die auch ohne Worte allen zeigte: Du bist angenommen und geliebt! Du bist ein geliebtes Kind Gottes.

Am Kreuz geht Jesus diesen Weg der Zuwendung bis in die letzte Konsequenz. Er breitet seine Arme weit aus, als wenn er die ganze Welt umarmen würde. Im Johannesevangelium, das das Leiden Jesu aus der Rückschau der Auferstehung betrachtet,  ist dies keine Gebärde des schmerzlichen Ringens, sondern es ist eine Liebesgeste: „Wenn ich über die Erde erhöht bin, werde ich alle zu mir ziehen“ (Joh. 12,32) lässt Johannes seinen Jesus in den Abschiedsreden diese Geste vorausdeuten.

Wollen wir uns mitziehen lassen? Wollen wir die Liebe verstehen als Kraft, die nicht besitzt, sondern freilässt, die nicht festklammert, sondern Raum eröffnet, die nicht nimmt, sondern uns in Freiheit atmen lässt?

Wir ermutigen uns, uns jetzt selbst in dieser Gebärde der offenen Arme hinzustellen: Weit ausgestreckt, mit offenen Händen, verletzlich, anrührbar, segnend. (Pause)

Vielleicht spüren wir, dass aus unseren Händen etwas fließt, eine Energie, eine Kraft, die nicht von uns kommt, aber durch uns strömt. Die uns ahnen läßt, dass wir auf einer tiefen Ebene alle verbunden sind. Die uns zuspricht, dass wir empfangen dürfen, und dass wir geben können. Die uns sagt: Die bist ein endliches Wesen, verletzlich und zugleich schön, bedürftig und zugleich stark, fähig zum Teilen und demütig zum Empfangen.

Wenn wir uns als solche Menschen begreifen lernen, können wir aufhören mit der Selbststilisierung und Selbstausbeutung. Wir brauchen unser Heil nicht mehr suchen im Erfolg oder im Konsum, im Hetzen und Leisten, in der Jagd nach dem größeren Glück.

Das Glück liegt uns bereits vor den Füßen: Wir leben. Wir sind Menschen. Wir dürfen uns begreifen als geliebte Kinder! Und wir können miteinander verbunden sein!

Wenn wir beginnen, so zu leben, wird Gott lächeln. Und das Wagnis Jesu wird nicht umsonst sein. Wollen wir damit anfangen?

Amen.

Gebet:

Liebevoller Gott, sieh uns an – blicke auf uns mit deinem zärtlichen Blick und deinen Augen voller Glanz und Freiheit:

Wir wollen lieben und manchmal gelingt uns ein Anfang, eine zarte Verbindung, eine liebevolle Geste, ein Geben ohne dass wir auf unseren Vorteil schielen.

Und dann scheitern wir wieder. Wir fallen zurück in alte Erwartungen, in die Unsicherheit unserer früheren Erfahrungen, in die Zweifel, was wir denn eigentlich wert sind.

Dann, guter Gott, rühr uns an. Lass uns ruhen in der liebevollen Umarmung von Jesus.

Lass uns aufatmen in tiefer Verbundenheit mit Dir. Lass uns heil werden durch deine Gegenwart, hier und jetzt, pure Präsenz.

Wir danken dir: Du schenkst uns mit Jesus dich selbst. Du wirst schwach, damit wir stark werden können. Du wirst verletzlich, damit wir heil werden. Du stirbst, damit wir leben.

Wir können dieses Wunder und diesen Tausch nicht begreifen. Aber wir wollen ihn mit dem Herzen glauben.

Danke, liebevoller Gott!

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